Bau von Moscheen mit Minaretten verbrieftes Recht – Offensive gegen Vorurteile in Planung – Fekter „kennt uns nicht genau“
Wien – Der Vorsitzende der türkisch-muslimischen Union ATIB, Seyfi Bozkus, sieht keinen Einfluss der türkischen Regierung auf seine Organisation. „Das ist nur eine Behauptung“, wehrt er sich im Interview mit der APA gegen Aussagen, ATIB könnte etwa durch die türkische Regierungspartei gelenkt werden. Den Bau von Moscheen samt Minaretten verteidigt Bozkus als verbrieftes Recht. Der ATIB-Vorsitzende, der nun ein halbes Jahr im Amt ist, will mit einer Offensive Vorurteile in der Bevölkerung abbauen.
Wenn der türkische Staat massiv in Österreich Einfluss nehme, könnte das zum Problem werden, hatte Innenministerin Maria Fekter (V) im vergangenen Jahr befürchtet. Hintergrund: Im Zuge der bis Mai laufenden Wahlen in der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) wird davon ausgegangen, dass türkische Vereine dominierenden Einfluss in der Glaubensgemeinschaft bekommen könnten (und damit auch die türkische Regierung). „Wir haben nicht das Ziel, ein Dominanzverein zu sein“, entgegnet Bozkus, der von einer „gegenstandslosen Behauptung“ spricht. Er wünscht sich hingegen, dass die IGGiÖ eine starke Vertretung für alle Muslime wird.
Dass die türkische Regierung großen Einfluss auf seinen Verein haben könnte – so werden nach wie vor die Religionsbeauftragten aus der Türkei entsandt – ist für Bozkus eine grundlose Behauptung. „Wir sind seit 20 Jahren hier in Österreich. In dieser Zeit sind in der Türkei unterschiedliche Regierungen gekommen und gegangen, von rechter und von linker Seite.“ In dieser Zeit habe sich auch die Mission von ATIB nicht geändert: „Wir arbeiten immer offen und transparent.“
Bozkus wünscht sich auch den direkten Kontakt mit Fekter, denn: „Ich glaube, die Frau Ministerin kennt uns nicht genau. Vielleicht haben wir uns auch nicht gut genug vorgestellt.“ Allgemein hat sich der ATIB-Chef zum Ziel gesetzt, vermehrt mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Medien zu reden, weswegen man derzeit eine eigene Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit aufbaue. Auch Informationsveranstaltungen sind in Planung. Bis jetzt konnte ein Kontakt zu den Behörden nicht nach Wunsch erreicht werden: „Es ist etwas kompliziert, vielleicht sind beide Seiten gegenseitig etwas distanziert. Manche Vorurteile spielen eine Rolle für diese Distanz, aber wir versuchen, diese Barriere zu überwinden.“
Ein „großes Problem“, mit dem ATIB seit Jahren zu kämpfen hat, ist Widerstand aus der Bevölkerung etwa beim Bau von Moscheen. „Wir versuchen immer wieder, die Ängste und Besorgnisse zu verstehen“, so Bozkus. Aber obwohl man „ganz offen“ arbeite, werde man immer wieder mit falschen Informationen und grundlosen Vorurteile konfrontiert. „Ich appelliere immer wieder an die Bürgerinitiativen: Kommen Sie zu unseren Vereinen, ohne Termin oder Voranmeldung. Dann können Sie sehen, dass unsere Menschen ganz gastfreundlich sind.“
„Es gibt keinen Grund für die Furcht vor dem Bau von Moscheen und Minaretten“, so Bozkus, der auch anmerkt: „Wir bauen unsere Moscheen nur für die Muslime, nicht für die Österreicher.“ Im ganzen Land gebe es lediglich vier Minarette. „Die Zahl ist vielleicht wenig, aber die Behauptung von der Zwangsislamisierung Österreichs ist ganz pauschal und grundlos.“ Bozkus verweist auf die staatliche Anerkennung der Muslime. „Es ist paradox, dass auf der einen Seite die Glaubensgemeinschaft akzeptiert wird und auf der anderen Seite der Moschee- und Minarettbau abgelehnt wird.“ Dass man sich an die Bauordnung halte, sei aber selbstverständlich.
In der Integrationsdebatte sieht Bozkus alle Beteiligten gefordert, was aber nicht bis zur Aufgabe der eigenen Identität führen solle. So sollten Muslime zwar die Gesetze des Landes beachten und ihren Nachbarn Respekt gegenüberbringen, „aber auch ihre eigene Kultur bewahren“. Und weiter: „Damit erwarten wir auch von Österreich Respekt gegenüber unseren kulturellen und religiösen Eigenschaften. Wenn jemand sagt, der Islam ist als Religion ok., aber gegen das Kopftuch ist, dann ist das auch ein Widerspruch. Für eine muslimische Frau ist das Kopftuch ein wichtiger Bestandteil.“ (APA)